Züchtertreffen Januar 2011

Unser Züchtertreffen fand am 18. Januar in Everode statt.

Wilhelm Bertram bereichtete anhand einer Beamerpräsentation von den Besonderheiten der bundesweit aufgenommenen Betriebe und die anwesenden Züchter stellten sich anhand der Bilder vor.
In einer anschließenden Runde sprachen auch die beiden dänischen Züchtern von ihrer Arbeit mit dem alten dänischen Rotvieh und zeigten Bilder ihrer Herden und den 10 Züchtern die noch mit der alten Zuchtrichtung arbeiten.
Sehr berührend war dabei die Rede von Nils Stockholm, der über die besondere Beziehung des Menschen zur Kuh sprach. Aus seiner Erfahrung ist besonders das alte Rotvieh zu einer intensiven Beziehung mit dem Menschen fähig, da sich diese über sehr lange Zeiten entwickelt hat und daran angeknüpft werden kann. Auch seine Bilder sprachen von diesem innigen Verhältnis, dass er zu seinen Tieren hat. Er sagte auch, dass das alte Rotvieh genau auswählt wieviel und was es friesst und seine Milchleistung daran anpasst. Es entsteht daraus eine Naturmilch anstatt Industriemilch. Das alte Rotvieh ist durch diese Prozesse sehr gesund und vital und hat sich diese Eigenschaften seit langer Zeit bewahrt (Bilder vom Hof sind unter www.landbruget-thorshoejgaard.dk zu sehen).

Danach stellte Karola Stier das Modellprojekt der GEH e.V. mit 10 Rassen vor – darunter auch das Angler Rind alter Zuchtrichtung. Ziel ist die Vernetzung und Unterstützung von Organisationen und Personen, um gemeinsam angepasste Zuchtprogramme zu entwickeln und umzusetzen. Das Projekt wird vom BMELV gefördert. Projektträger ist das BLE. Der Zeitraum liegt bei drei Jahren von Oktober/10 bis September/13.
Im ersten Schritt soll eine bundesweite Zuchttierdatenbank über das Herdbuchprogramm ChromoSoft aufgebaut werden. Karola Stier erläuterte die Möglichkeiten des Programmes anhand einer Beamerpräsentation. Möglichkeiten mit ChromoSoft:
• Online-Zugänge für Zuchtverbände und Züchter
• Stammbaumdarstellungen bis 6 Generationen mit Inzuchtkoeffizient, Genanteilen, Leistungs- und Exterieurdaten
• Durchführung von virtuellen Probeanpaarungen mit Inzucht-Berechnungen
• Integration von Tierfotos und weiteren Daten (z.B. Erscheining, Anmerkungen)
• Suchfunktionen im bundesweiten Zuchtbestand (z.B. für geeignete Zuchtbullenkandidaten oder Bullenmütter)
• Vereinfachung der Tierbestandsaktualisierung durch die bestehende Datenbank

Desweiteren war die Frage, welche Daten im Programm aufgenommen werden sollen. Bei den Betriebsdaten war einstimmig Platz für eine kurze Hofbeschreibung bzw. Hofphilosophie gewünscht.
Neben den Kontaktdaten der Betriebe war außerdem die durchschnitlliche Fütterung und durchschnittliche Milchleistung
wichtig sowie ein Vermerk, ob Milch- oder Mutterkuh gehalten wird.
Bei den Daten für die Einzeltiere, gab es sehr unterschiedliche Ansätze – von geringer Dateneingabe für die Übersichtlichkeit bis hin zur Erfassung eines breiteren Datensatzes, z.B. mit Aufnahme des Futterumsetzungskoeffizient und des Charakters. Wichtig war für alle Anwesende die Abstammung, die Blutanteile, die Milchleistung, die Lebensleistung mit Hinweis auf die Anzahl an Laktationen und das Exterieur (wenn bereits erfasst).
Es kam die Frage auf, ob MLP-Daten als Excel-Datei in das Programm regelmässig einfliessen können.

Weitere Möglichkeiten im Rahmen des Modellprojektes können sein:
• Etablieren einer Arbeitsgemeinschaft
• Maßnahmen zum Erhalt aller alten Blutlinien
• Aufstellung und Absamung von Besamungsbullen
• Workshops, Bundesschau, Öffentlichkeitsarbeit

Danach berichtete Klaus Franzen von Slow Food Hamburg über Ansätze der Vermarktungsmöglichkeiten. Das Angebot von Produkten vom Angler Rind a.Z. und deren Verkauf dürfte nach der Zucht und Haltung die wichtigste Maßnahme für den Erhalt der Rasse sein.
Klaus Franzen stellte uns eine Studie des BÖL von 2007 vor, in der 15 Hofmolkereien auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht wurden sowie eine Punktesammlung zu Vermarktungsmöglichkeiten.
Ein wesentlicher Ansatz war in seiner Darstellung die Herausarbeitung einer Marke für das Angler Rind alter Zuchtrichtung, um ein Alleinstellungsmerkmal zu etablieren. Dies könnte dann mit einem eigenständigen Label von allen Züchtern zur Vermarktung genutzt werden.

Zur Marke gehört:
• Geschichte des Rindes
• besondere Qualität der Milch, der Milchprodukte und des Fleisches
• Erhalt einer akut bedrohten Rasse
• Passagier in der Arche des Geschmacks bei Slow Food
• evtl. Aufnahme der Slow Food Kritereien:
Gut – guter Geschmack, wahrnehmbarer Eigengeschmack, Natürlichkeit
Handwerkliche Herstellung, Regionalität & Rückverfolgbarkeit
Sauber – nachhaltig Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung
Fair – angemessene Bezahlung, humane Arbeitsbedingungen & Zahlung eines fairen Preises
Im Rahmen dieser Überlegungen kam auch noch einmal der lange Name zur Sprache, der nicht unbedingt medienwirksam ist. Hier war die Idee den Namen für die Rasse zu ändern, wie z.B. auf „Ursprüngliches Angler Rind“.
Neben der Entwicklung einer gemeinsamen Marke, wurde auch ein Flyer und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit angesprochen.
Klaus Franzen zeigte desweiteren mögliche Vermarktungswege der Produkte auf:
• eigener Hofladen
• eigener Marktwagen
• Belieferung regionaler Hofläden
• Belieferung regionaler Marktbeschicker
• Lieferservice für private Haushalte, Einzelhandel, gehobene Gastronomie, Hotellerie
• Biomärkte
• Filialisten (z.B. Edeka)
• „Unsere grüne Ecke“
• „Das Käsetablett“

Der Abend klang mit persönlichen Gesprächen aus.

Mittwoch, 19. Januar 2011
Der Morgen begann mit einer Besichtigung der 32-köpfigen Milchvieherde sowie der Nachzucht und der Bullen auf Hof Luna.

Danach leitete Wilhelm Bertram das Gespräch zur Aufstellung von Besamungsbullen an. Beim letzten Züchtertreffen wurde begonnen über die Kriterien zur Auswahl von Zuchttieren zu sprechen. Diese Diskussion führten wir weiter und kamen zu folgenden Beschluss:
Wir wollen nach geeigneten Bullen zur Absamung nun konkret suchen. Als momentan erste Priorität ist die Abstammung anzuführen, um bestimmte Linien zu erhalten, die akut bedroht sind. Hier sind momentan die Linien Erdal, Dual, Figaro, Lukas und Pallast zu nennen. Jeder Züchter, der nicht beim Züchtertreffen war und geeignete Tiere in seinem Bestand hat, möge sich bitte bei uns melden.
Stehen mehrere Kandidaten zur Auswahl, sollen folgende Kriterien berücksichtigt werden:
• Grundfutterleistung in Abhängigkeit zum Körpergewicht (z.B. über Futterumsetzungskoeffizient)
• Leistungfähigkeit im Vergleich zum Herdendurchschnitt ab 3./4. Laktation verglichen
• Lebensleistung / Nutzungsdauer der Kuh und der Vorfahren (Auswahl nach 6. Laktation; bei bekannten, langlebigen Kuhfamilien können es auch jüngere Kühe sein)
• Exterieur
• Persistenz
• Zellzahlen
• Kappa-Kasein Genotyp

Die Gewichtung der einzelnen Zuchtkriteren wurde nicht diskutiert, da zur Zeit nur eine geringe Auswahl an geeigneten Tieren vorhanden ist.
Klaus Plischke schlug vor, die Auswahlkriterien ebenfalls mit Dr. Günter Postler auszutauschen, der sich bereits seit längerem mit der Auswahl von Bullenmüttern in der Arbeitsgemeinschaft Rinderzucht auf Lebensleistung auseinandersetzt. Eine mögliche und relativ kostengünstige Aufstellung von Besamungsbullen könnte sich über die Firma Göpel Genetik anbieten. Hier wären weitere Details zu klären.
Auch die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit der RSH möchten wir nicht aus den Augen verlieren und hierfür eine konkrete Anfrage vornehmen.

Einige Bullenlinien sind momentan akut bedroht. Um die Erhaltung in Form von Absamung werden wir uns in der nächsten Zeit bemühen.
Dies ist einmal die Linie von Erdal, die bei Wilhelm Höper über den eigenen Bullen Erik in 25 Jungkühen erhalten ist. Diese Linie könnte mit der folgend beschriebenen Linie angepaart und so eine Reval-Linie gefestigt werden.
Die Linie von Erdal geht auf Reval zurück, der ebenfalls Vater von Dual ist. Diese Linie konnte Claus-Wilhelm Hansen mit letzten Spermavorräten sichern und hat nun ein Bullenkalb in seinem Betrieb.
Dieses Tier sollte vor dem Deckeinsatz abgesamt werden.
Die Linie Figaro hat sich über den Bullen Fürst von Michael Krause/Bargfelderhof in vier weiteren Bullen vererbt. Michael Krause hat einen davon auf seinem Betrieb und nachdem Fürst auch noch einmal auf Hof Luna zum Deckeinsatz kam, gibt es hier drei weitere Bullenkälber von entsprechend ausgesuchten Kühen. Von diesen vier Kandidaten sollte ebenfalls einer zur Absamung kommen.
Auf dem Bargfelderhof ist momentan ein Lukas-Sohn aus Embryotransfer im Einsatz, der durch Zufall vor der Schlachtung bewahrt wurde. Auch diese Linie sollte gesichert werden.
Im letzten Jahr ist der letzte Spermavorat der Linie Pallast aufgebraucht worden. Hier haben unseres Wissens, drei Züchter noch direkte Nachkommen: Ernst-Uwe Lorenzen, Claus-Wilhelm Hansen und Sybille Maurer. Die Aufstellung eines Besamungsbullen aus dieser Linie ist ebenfalls sinnvoll.

Nils Stokholm und Stig Benzon teilten mit, dass es in Dänemark noch Spermavoräte von Banko in der dänischen Genbank gibt. Die dänischen Züchter haben keine Möglichkeit diese zu bekommen. Es war die Frage, ob über eine Anfrage aus Deutschland eine Ausnahmeregelung eintreten könnte.
Dasselbe gilt für eine Spermareserve des Banko-Sohns Jupiter in einer Genbank in Westfrankreich, von dem dort 1.000 Portionen vorrätig sind. Auch von diesen Vorräten wird nichts an die dänischen Züchter herausgegeben.
Zur länderübergreifenden Sperma-Versendung ist ebenfalls Dr. Günter Postler ein guter Ansprechpartner.

Klaus Plischke stellte die Frage, ob eine Linienaufteilung auf die verschiedenen Betrieb sinnvoll wäre, so dass sich ein Betrieb um die Erhaltung einer Linie kümmert und so ein Austausch unter den Betrieben stattfinden kann.

Danach schauten wir gemeinsam und in kleineren Gruppen auf Fragestellungen der einzelnen Züchter.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei Martina Helmcke bedanken, die uns an beiden Tagen mit einem hervorragenden Mittagsmahl bekocht hat.