Züchtertreffen Januar 2013

Am 30. und 31. Januar fand das jährliche Züchtertreffen in Everode statt.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der 33 Teilnehmer gab Dr. Alfred Haiger aus Wien mit seinem Vortrag „Milchkühe zwischen Markt und Biologie“ einen sehr guten Einblick in den Sinn einer anderen Zuchtwertschätzung. Er prägt die Aussage, dass langfristig nur das ökonomisch ist, was auch ökologisch ist.
Er selbst kam ursprünglich aus einer konventionellen Ausrichtung und lehrte dies auch als Professor an der Universität Wien. Dann erlebte er beim Oktober-Krieg 1973, dass der Preis für Lebensmittel plötzlich um das 4fache anstieg. Dies führte bei ihm zu einem Umdenken hinsichtlich einer regionalen Ernährungssouveränität, bei der kein Getreide an Tiere verfüttert werden sollte, so dass eine Züchtung von Kühen in Hinblick auf die Grundfutterverwertung wieder wesentlich ist.
Aus seiner Sicht unterscheiden sich besonders die Rinder als Wiederkäuer von Schwein und Geflügel, da Rinder keine Nahrungskonkurrenten zum Menschen darstellen. Darüber hinaus können durch die Prozesse im Wiederkäuermagen die Fruchtbarkeit der Böden erhalten werden. Gras aus günstigem Dauergrünland führt zu einer Energie-Effizienz bei der Fütterung. Bei naturgemässer Fütterung produziert die Kuh essentielle mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Nichts spricht für eine Hochleistung mit großen Kraftfuttereinsätzen, da keine Qualität und letztendlich auch keine Effizienz damit erreicht werden kann.
Aus 1.000g Grundfuttereiweiß erhält man von Kühen mit 20kg Tagesleistung etwa 270g Milcheiweiß, von einem Masttier nur 110g Fleischeiweiß. Die Milcherzeugung ist demnach mindestens doppelt so effektiv wie die Rindermast.
Aber auch bei den Milchrassen unterscheidet sich die Nährstoffeffizienz in Hinblick auf das Körpergewicht und der entsprechend steigenden Futteraufnahme der Kuh. So ist für den Vergleich von Kühen pro 100kg mehr Körpergewicht 700kg Milch oder 50kg Fett abzuziehen, um eine stimmige Relation zur Futteraufnahme aufzuzeigen.
Die alternative Zuchtstrategie der Arbeitsgemeinschaft österreichischer Lebensleistungszüchter (AöLZ) beschreibt Dr. Haiger wie folgend:
Das erste und wichtigste Auswahlkriterium ist die Kuhfamilie, in der hohe Lebensleitungen gehäuft vorkommen. Hat ein Zuchtbulle später eine Zuchtwertschätzung aufgrund von Töchtern, die möglichst drei Laktationen oder mehr abgeschlossen haben, wird zuerst nach der Fitness (Nutzungsdauer, Persistenz, Zellzahl) gerreiht und innerhalb solcher Bullen nach dem Milch-Zuchtwert (Fett- und Eiweißmenge). Dem Fleischwert wird in der Milchrinderzucht keine große Bedeutung beigemessen.
In der natürlichen Zucht wird die Nutzungsdauer langfristig von selbst in den Bestand einfliessen, da die ältesten Kühe die meisten Kälber haben, die wieder in die Nachzucht kommen.

Nach dem Mittagessen wurde über die Idee eines Wirtschaftswertes diskutiert, der die Futterverwertung eines Tieres in Relation zu seinem Körpergewicht widerspiegeln soll. In Folge dessen wurde auch über eine alternative Gesamt-Zuchtwertschätzung gesprochen, bei der deutlich wurde, dass für viele Züchter eine breite Darstellung mit einer Übersicht vieler Punkte, wie Konstitution, Fruchtbarkeit, Abkalbeverhalten, Exterieur, Charakter, Melkbarkeit usw. sinnvoller erscheint, wie die Ermittlung eines einzelnen Wertes zum Vergleich der Tiere.

Danach sprachen wir über Untersuchungen zum Kappa-Kasein, welche im Rahmen einer Bachelor-Arbeit an der Uni Giessen über Prof. Brandt durchgeführt wurden. Hierfür hatten einige Milchviehbetriebe aus unserem Züchterkreis Milchproben eingeschickt und Ergebnisse erhalten. Kappa Kasein Genotypen A, B und E kamen in verschiedensten Kombinationen vor.
Bisher wird davon ausgegangen, dass der Genotyp B für eine höhere Käseausbeute sorgt und das dieses Kappa Kasein in den alten Rassen noch vermehrt vorhanden sein soll. Bei den Untersuchungen wurden auch etliche Proben mit der Kombination AB, allerdings relativ wenige mit BB festgestellt. Es scheint, dass Kühe mit einer hohen Milchleistung zumeist eher AA aufweisen, während bei Kühen mit geringerer Milchmenge und höheren Inhaltsstoffen der Genotyp B häufiger auftritt.
Die Erfahrung eines Züchters mit Käserei zeigt, dass aus etwa 100l Milch von Anglern a.Z. 11Kg Schnittkäse hergestellt werden können, während bei gleichem Herstellungsverfahren in der gleichen Käserei, 100l Milch von Schwarz-Bunten nur 10kg ergeben. Darüber hinaus ist der Schnittkäse aus der Angler-Milch würziger und intensiver im Geschmack.
Aus der Runde wurde berichtet, dass in Österreich bei Milchabholung Tankuntersuchungen auf Kappa Kasein erfolgen und bei höheren Anteilen vom Typ B mehr Milchgeld ausgezahlt wird.

Christina Frangen berichtete über ihre Bachelor-Arbeit zum Kappa Kasein an der GHK in Witzenhausen. Auf dem elterlichen Betrieb Ulmenhof wurden von den Angler-Kühen 2/3 als Kappa Kasein B-Träger ermittelt. Sie stellt sich in ihrer Arbeit die Frage, in wie weit der Typ B in den alten Rassen vorhanden ist und möchte besonders die Angler a.Z. dahin gehend untersuchen. Sie bekam von allen Züchtern, die entsprechende Ergebnisse vorliegen hatten, eine Kopie ausgehändigt.
Auch war die Frage, ob der Typ B durch RDM-Einkreuzungen in der Zucht zu erhöhen ist.

Christina Frangen berichtete über Untersuchungsergebnisse bei der Käseherstellung, bei der Milch mit Kappa Kasein BB ½ Std. geringere Gerinnungszeit zu Milch mit AA aufgezeigt hatte. Die Milch mit BB hatte eine bessere Galerte und ein festeres Bruchkorn, was zu mehr Käseausbeute führt.
10l Milch mit AA ergaben 1kg Schnittkäse, während die gleiche Menge Käse aus 8l Milch mit BB produziert wurde. Angesprochen wurde in diesem Rahmen auch das Lakto-Globalin A1, welches als Mutation festgestellt wurde und zu Milchallergien führen kann. Es kam die Frage auf, ob dieses Globalin auch bei den Anglern a.Z. vorkommt oder es ein Thema der Hochleistungszucht ist.

Im weiteren Verlauf berichtete Wilhelm Bertram über die Ereignisse in der Anglerzucht 2012. Im Rahmen des GEH-Modellprojektes konnte der erste Besamungsbullen aus dem Züchterkreis aufgestellt werden. Eine Bestandsaufnahme bei den dänischen Züchtern wurde durchgeführt und eröffnet weitere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Erste Eingaben in ein Online-Herdbuchprogramm wurden vorgenommen und die Software mit dem Programmierer an die speziellen Bedürfnisse der Milchviehzucht angepasst. Wilhelm Bertram berichtete außerdem vom Aufbau eines Europa-Reservoires zur Erhaltung des Angler Rindes a.Z. auf Hof Luna.

Ebenfalls fand 2012 die Neuausrichtung des Fördervereins Angler Rind a.Z. in Süderbrarup statt. Claus Hansen, als neu gewähltes Vorstandsmitglied (neben Claus-Peter Tordsen und Wilhelm Bertram) sprach von der Möglichkeit für alle bundesweiten Züchter dem Verein beizutreten und so gemeinsam die Erhaltung des Angler Rindes voran zu bringen.

Desweiteren fand die Gründung der Europäischen Vereinigung für naturgemäße Rinderzucht in Österreich statt, über die Dr. Günter Postler von der Arbeitsgemeinschaft für Rinderzucht auf Lebensleistung berichtete. Die Vereinigung möchte Zuchtalternativen für die Praxis anbieten. Neben den bisherigen Lebensleistungs-Linien sollen auch andere Rassen europaweit Zugang erhalten, so auch das Angler Rind a.Z.

Am zweiten Tag sprachen wir in einer kleineren Runde wieder über die einzelnen Bestände, betriebliche Themen, Anpaarungsempfehlungen und Tieraustausch.

Wir möchten uns an dieser Stelle für die große Beteiligung an Züchtern aus dem gesamten Bundesgebiet und aus Dänemark bedanken. Ebenso wie den vielen Kooperationspartnern, die uns bei diesem Treffen unterstützend begleiteten, wie Dr. Haiger aus Wien, Dr. Postler aus Hermansdorf, Dr. Poppinga aus Frankenhausen, Karola Stier von der GEH, Gudrun Schnitzler und Klaus Franzen von Slow Food Deutschland und Ilona Schönfeld von Biologisch Naturkost aus Hannover.


Neue Besamungsbullen (August 2012)

Mittlerweile sind zwei neue Besamungsbullen der alten Zuchtrichtung aufgestellt und das Sperma ist verfügbar. Die
Daten zu diesen beiden Bullen – Friedrich und Manni – finden Sie in der Liste unter dem Menupunkt
>> Besamungsbullen.

Die Aufstellung des Bullen Friedrich von Michael Krause/Bargfelderhof lag uns besonders am Herzen und wurde durch ein Modellprojekt der GEH (gefördert durch die BLE) ermöglicht. Wir danken an dieser Stelle der GEH und besonders Karola Stier für Ihren Einsatz.

Friedrich ist insofern von besonderen Interesse, da er die sonst fast ausgestorbene Figaro-Linie aufnimmt. Sein Vater Fürst war direkter Figaro-Sohn und auf dem Bargfelderhof als Zuchtbulle im Einsatz. Er stammt aus einer sehr langlebigen Mutterlinie aus der Zucht von Carl-Carsten Sruve aus Angeln. Friedrichs Mutter Dara ist eine Palast-Tochter und kommt aus der ehemaligen Zucht von Herrn Niehus aus dem Harz.
Friedrich verfügt über sehr hohe Anteile der alten Zuchtrichtung (94%) und dem Kappa-Kasein Genotyp BB, der eine höhere Käseausbeute gewährleisten soll.
Neben seiner besonderen Abstammung ist Friedrich darüberhinaus der erste Bulle, der aus den Bemühungen unseres offenen Züchterkreises aufgestellt werden konnte. Mit den Geldern aus dem Spermaverkauf wird ein Fond für die alten Angler Rinder bei der GEH eingerichtet, der uns auch nach dem Modellprojekt die Finanzierung weiterer wichtiger Absamungen ermöglichen soll. Aus diesem Grund ist es für alle engagierten Züchter doppelt interessant diesen besonderen Bullen einzusetzen. Sperma ist zu beziehen über die Besamungsstation Göpel Genetik GmbH, Tel. 05654 . 92 49 88-0.