Bundespreis Ökologischer Landbau an Hof Luna

Für ihren Mut, mit Tatkraft und Unternehmergeist neue Wege zu gehen, wurden in diesem Jahr wieder drei außergewöhnliche Betriebskonzepte mit dem Sieg beim Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau 2020 belohnt. Vom Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft wurde auf der Grünen Woche in Berlin am 23. Januar der Bundespreis an drei besonders erfolgreiche Biobetriebe vergeben: An den Hof Luna, das Schloss Gut Obbach und die Schinkeler Höfe.

Der Hof Luna zeichnet sich im Bewerbungsbereich „Gesamtbetriebliche Konzeption“ durch die folgenden Punkte als besonders preiswürdig aus:

· Zucht und Erhalt vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen, insbesondere des roten Angler Rinds alter Zuchtrichtung mit Aufbau einer Erhaltungszuchtherde.

· Ein langjähriges Engagement im Naturschutz durch extensive Bewirtschaftung von Kalkscherbenäckern mit teils hochgradig bedrohten Ackerwildkräutern sowie Schaffung einer vielfältigen Kulturlandschaft mit Hecken, Obstgehölzen und Feuchtbiotopen.

· Integration des Betriebs in eine außerfamiliäre Gemeinschaft mit einem Förderverein zur Entwicklung des Hofes sowie einer gemeinnützigen Gesellschaft mit zahlreichen Bildungsangeboten.

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Das Ö-Kuh-System: Der Hof Luna

Freden bei Hildesheim
Wilhelm Bertram hat einen neuen Kuhstall gebaut. Aber nicht für irgendeine Rasse, sondern für seine 70-köpfige Milchviehherde Angler-Alter-Zuchtrichtung, deren Bestand stark gefährdet ist. Seit 1987 setzt der Demeter-Landwirt auf die anpassungsfähigen, robusten Kühe und macht sich aktiv für ihren Erhalt und die weitere züchterische Entwicklung stark.

Kuhherde ist Kern des Betriebskonzepts
Die Kühe liefern sehr hochwertige Milch mit bis zu fünf Prozent Fettgehalt und besonders zartes Fleisch. Die ungewöhnliche Kuhherde samt Nachzucht bildet den Kern seines Betriebskonzepts, das Wilhelm Bertram "Ö-Kuh-System" nennt. Dahinter verbirgt sich die optimale Kombination aus landwirtschaftlicher Nutzung und Erhöhung der Biodiversität.

Über vier Kilometer Hecke angelegt
Denn seine etwa 160 Hektar großen Acker- und Grünlandflächen im hügeligen Leinebergland nutzt er nicht nur zur Erzeugung des Futters, sondern auch zur landschaftlichen Gestaltung und für einen aktiven Naturschutz. Nicht weniger als vier Kilometer Hecke hat er in 30 Jahren um seine Flächen herum angelegt. Die Kühe decken mit den Ästen und Blättern ihren Mineralstoffbedarf, während die anfallenden Hackschnitzel wichtiger Bestandteil des selbst hergestellten Mistkompostes sind.

Landwirtschaft und Biodiversität im Einklang
Laut Bertram erlaubt das Ö-Kuh-System, intensive Landwirtschaft mit der Förderung der Biodiversität zu verbinden. Die Zahlen bestätigen das: 2018 wurden in den vielfältigen Heckengehölzen 57 verschiedene Vogelarten gezählt, von denen elf auf der Roten Liste stehen.

Begründung der Jury

Der Hof Luna von Wilhelm Bertram umfasst rund 160 Hektar Acker- und Grünland in der hügeligen Landschaft des Leineberglandes und wird seit 1987 nach Vorgaben des Demeter-Verbandes bewirtschaftet. Kernanliegen des Betriebsleiters ist es, die Aspekte Tierhaltung, Milchproduktion, Landschaftsgestaltung und Naturschutz zusammen zu denken und integrativ umzusetzen.

Im Mittelpunkt stehend dabei die roten Angler Rinder alter Zuchtrichtung, die zu den akut gefährdeten Nutztierrassen zählen. Wilhelm Bertram setzt in seiner Zucht auf Lebensleistung, gute Gesundheit, Milchqualität und gute Grundfutterverwertung. Einmal im Jahr treffen sich Züchter auf Hof Luna und entwickeln gemeinsame Zuchtziele für die Angler Rinder alter Zuchtrichtung, deren Anteil reinrassiger Tiere auf etwa 325 Kühe zurückgegangen ist.

Die Herde erhält ausschließlich Grünfutter, Grassilage und Heu und liefert knapp 5.000 Kilogramm Milch pro Kuh und Jahr. Auch das Fleisch der Tiere wird vermarktet. Ein wichtiger Meilenstein für die Entwicklung des Betriebs war der Neubau des artgerechten Kuhstalles von 2012 bis 2014. Der Stall ist für 70 Kühe, mehrere Zuchtbullen und Jungtiere konzipiert, um eine Erhaltungszuchtherde des Angler Rinds aufzubauen.

In den letzten 30 Jahren hat Hof Luna zahlreiche Obstbaumpflanzungen und Feuchtbiotope angelegt und eine Vielzahl an Heckengehölzen mit circa 60 Arten auf über vier Kilometer Länge gepflanzt. Die Heckengehölze werden von den Kühen als zusätzliches Futter genutzt, was sich positiv auf die Tiergesundheit auswirkt.

Im Sinne der FFH-Richtlinie verbinden die angelegten Heckenlinien die umliegenden Wälder miteinander, so dass sich wandernde Wildtierarten ungestört bewegen können. Auch für viele Insekten und Vögel bieten die Hecken wertvolle Lebensräume. So wurden bisher 55 Vogelarten auf Hof Luna gesichtet, darunter elf Arten der Roten Liste.

Jedes Jahr im Spätherbst werden die Hecken beschnitten und die Hackschnitzel mit der Gülle der Tiere auf den Weiden und Futteräckern ausgebracht, um den Humusaufbau und damit die Fruchtbarkeit der Böden zu erhöhen. Auf den besonders mageren Kalkscherbenäckern der benachbarten Wernershöhe wird die Bewirtschaftung in Abstimmung mit dem Land Niedersachsen und einer regionalen Naturschutzstiftung auf teils sehr seltene Ackerwildkräuter ausgerichtet. Wilhelm Bertram schafft hier seit vielen Jahren ideale Bedingungen für bedrohte Ackerwildkräuter, aber auch für Bodenbrüter wie Feldlerche und Wachtel.

Mit dem 1988 gegründeten Verein "Landleben e.V." sowie der gemeinnützigen GmbH MidaSolena bemüht sich Wilhelm Bertram darüber hinaus um eine außerfamiliäre Sozialstruktur, die den Betrieb langfristig fördert und erhält. So werden landwirtschaftliche Flächen durch Vereinsmitglieder vorfinanziert, Privatkredite vergeben und ehrenamtliches Engagement im Betrieb integriert.

Zudem organisiert der Hof regelmäßig Veranstaltungen und Workshops zum Thema "Lernort naturgemäße Landwirtschaft" sowie zur gesunden Ernährung und Permakultur.

Nach Überzeugung der Jury ist Wilhelm Bertram mit Hof Luna eine vorbildliche Integration von Tierhaltung, Landschaftsgestaltung und Naturschutz in die Betriebsabläufe gelungen. Mit seinem Engagement im Ackerwildkräuterschutz und der Schaffung einer Sozialstruktur für eine langfristige Perspektive des Betriebs hat Wilhelm Bertram wertvolle Pionierleistungen in einem schwierigen Umfeld erfolgreich bewältigt. Aus Sicht der Jury sind dies entscheidende Gründe für eine Nominierung als Preisträger im Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau.

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